Pata Negra-Schinken, Ibérico-Schinken und Bellota-Schinken – Neue Regeln sorgen für klare Verhältnisse

Was ist ein Pata Negra Schinken? Was ist ein Ibérico-Schinken? Und was ist der Unterschied zwischen einem Ibérico-Schinken und einem Bellota-Schinken? Diese Fragen bringen selbst eingefleischte Spanien- und Schinken-Fans ins Stocken… Die Antworten fallen oftmals schwammig und oberflächlich aus: Die Abgrenzung zwischen den einzelnen Qualitätsstandards von iberischen Schinken sei fließend und sowohl regional als auch herstellerabhängig unterschiedlich… Kaum zu glauben, aber diese Aussage erhielten wir bei einer unserer Spanien-Reisen von einem Schinken-Produzenten … einem, der es eigentlich besser wissen müsste… Mit dieser Unsicherheit soll nun Schluss sein!

Das spanische Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt hat am 10. Januar 2014 eine gesetzliche Verordnung verabschiedet, welche die Qualität des Fleisches (la carne), des Schinkens (el jamón), des Vorderschinkens (la paleta) sowie der Lende (caña de lomo) iberischer Schweine (cerdo ibérico) normiert. Die Verordnung hat das Ziel, dem Interpretationsspielraum ein Ende zu setzen und einen einheitlichen, verlässlichen und landesweit bindenden Qualitätsmaßstab für Ibérico-Schinken zu schaffen.

Der sog. „Real Decreto 4/2014“, veröffentlicht am 11. Januar 2014 im Boletín de Estado, besteht aus insgesamt 17 dicht beschriebenen Seiten an gesetzlichen Normen, Definitionen und Klassifizierungen. Für alle diejenigen, die sich für die juristischen Details interessieren, kann die vollständige Verordnung auf der Internetseite des „Ministerio de Agricultura, Alimentación y Medio Ambiente“ nachgelesen werden (Real decreto 4/2014). Für alle diejenigen, die sich weniger für die rechtlichen Feinheiten sondern die generelle Einordnung für uns als Verbraucher interessieren, haben wir von Jamon.de uns durch das Dickicht der Paragraphen gewühlt und die wichtigsten Regelungen zusammengefasst. Gut dabei ist, dass man als Verbraucher nicht die gesamte gesetzliche Norm auswendig lernen muss, um Sicherheit beim Kauf von Ibérico-Schinken zu haben… Das Wissen über einige wenige (aber wichtige!) Unterscheidungsmerkmale reicht aus, um verlässlich zu entscheiden, welchen Schinken man für welches Geld erwarten darf!

Neben der Schaffung eines einheitlichen Standards besteht der wahre Fortschritt der neuen Gesetzeslage darin, dass die unterschiedlichen Klassifizierungen an Ibérico-Schinken nun auch für den Verbraucher einfacher nachvollziehbar sein werden. So müssen seit 2014/15 alle Ibérico-Schinken mit einer farbigen Kunststoffplakette markiert werden. An der Farbe dieser Marken, die fest am Huf der Schinken platziert werden, kann in Zukunft zweifelsfrei erkannt werden, um welche Art Ibérico-Schinken es sich handelt. Aber dazu später mehr … Nun zum Inhalt der Gesetzesverordnung im Einzelnen:

Der Erlass unterscheidet bei Ibérico-Schinken drei Ebenen, anhand derer sich Ibérico-Schinken unterscheiden lassen: Zum einen ist das der Produkttyp (tipo de producto), zweitens die Ernährung und der Umgang mit den Tieren (alimentación y manejo) und drittens die Unterscheidung durch Rasse und Genetik der Schweine (tipo racial)

1.) Tipo de Producto:

Diese erste Unterscheidungsebene ist sicherlich die einfachste: Die Norm unterscheidet bezüglich des Produkttyps zwischen dem Hinterschinken (sog. jamón) sowie dem Vorderschinken (sog. paleta).

2.) Alimentación y manejo:

Bezüglich der Aufzucht und Ernährung der Schweine ist die Lage schon ein wenig komplizierter: Hier unterscheidet man zwischen den beiden Klassifikationen „de bellota“ sowie „de cebo“, wobei sich letztere in zwei Ausprägungen aufteilt.

  • Produkte, die als „de bellota“ (von span. bellota = die Eichel) bezeichnet werden, stammen von Schweinen, die sich bis zum Zeitpunkt der Schlachtung ausschließlich in freier Natur aufgehalten haben, um sich in der Dehesa, von dem zu ernähren, was die Landschaft der Korkeichenwälder und Wiesenlandschaften als Nahrung bereithält: Eicheln, Kräuter und sonstigen natürlich vorkommenden Pflanzen. Wichtig ist, dass Schweine der Klasse „de bellota“, zu keinem Zeitpunkt und in keiner Form in Stallhaltung mit Getreide- und Mastfutter gemästet wurden. Bellota-Schweine erreichen in freier Natur auf Basis Ihrer natürlichen Bewegung und freien Nahrungssuche Ihr vorgesehenes Schlachtgewicht.
  • Die zweite Klasse an Produkten, die auf Basis der Ernährung unterschieden werden, bilden die Ibérico-Schinken „de cebo“: Diese Schweine wurden zwar teilweise auch in der freien Natur der Dehesa oder anderer Wiesenlandschaften großgezogen, die Ernährung erfolgt jedoch auch (sog. „de cebo de campo“) oder ausschließlich (sog. „de cebo“) in Form von Getreidemastfutter in der klassischen Stallhaltung.
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Ibérico-Schweine in der Naturlandschaft der Dehesa (Foto: Shutterstock)

3.) Tipo racial:

Auf Basis der genetischen Eigenschaften der Schweine unterscheidet man zwischen Schinken der Klasse „100% ibérico“ sowie der Klasse „ibérico“.

  • Ein Schwein der Klassifizierung „100% ibérico“ stammt von Elternteilen ab, die beide über eine reine Genetik eines iberischen Schweines (cerdo de raza ibérica) verfügen. Diese reine genetische Linie muss über ein Abstammungsbuch der Elternteile lückenlos dokumentiert sein und darf keinerlei Durchmischung mit anderen Schweinerassen aufweisen. Die Schinken dieser Klasse wurden bisher oftmals als „jamón ibérico puro“ bezeichnet (von span. „puro“ = rein).
  • Ein Schwein, dessen genetische Anlage zu mindestens 50% aus der Ibérico-Rasse besteht, und das mit der Schweinerasse Duroc gekreuzt wurde, bezeichnet man als „ibérico“.

Zusammenfassend lassen sich also durch die Kombination der Merkmale aus den drei Unterscheidungsebenen 1.) bis 3.) zwölf verschiedene Ibérico-Schinken unterscheiden:

  • Hinterschinken (jamón):
    • Jamón de bellota 100% ibérico (Hinterschinken, Bellota, 100% Ibérico)
    • Jamón de bellota ibérico (Hinterschinken, Bellota, mind. 50% Ibérico)
    • Jamón de cebo de campo 100% ibérico (Hinterschinken, Zufütterung mit Mastfutter, 100% Ibérico)
    • Jamón de cebo de campo ibérico (Hinterschinken, Zufütterung mit Mastfutter, mind. 50% Ibérico)
    • Jamón de cebo 100% ibérico (Hinterschinken, Mastfutter, 100% Ibérico)
    • Jamón de cebo ibérico (Hinterschinken, Mastfutter, mind. 50% Ibérico)
  • Vorderschinken (paleta):
    • Paleta de bellota 100% ibérica (Vorderschinken, Bellota, 100% Ibérico)
    • Paleta de bellota ibérica (Vorderschinken, Bellota, mind. 50% Ibérico)
    • Paleta de cebo de campo 100% ibérica (Vorderschinken, Zufütterung mit Mastfutter, 100% Ibérico)
    • Paleta de cebo de campo ibérica (Vorderschinken, Zufütterung mit Mastfutter, mind. 50% Ibérico)
    • Paleta de cebo 100% ibérica (Vorderschinken, Mastfutter, 100% Ibérico)
    • Paleta de cebo ibérica (Vorderschinken, Mastfutter, mind. 50% Ibérico)

Wie bereits gesagt, schafft die Gesetzesverordnung nicht nur klare (im Detail zwar durchaus komplizierte) und verlässliche Regelungen, sondern vereinfacht in Zukunft einiges für den Verbraucher: So werden die Schinken bereits bei ihrer Schlachtung mit einer einfachen und eindeutigen farblichen Markierung gekennzeichnet, um über die gesamte Reifezeit hinweg bis hin zur Vermarktung klar und eindeutig erkennbar zu zeigen, um welches Produkt es sich handelt.

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Farbige Markierung der Ibérico-Schinken (Foto: Eigenes Foto Jamon.de Feine Kost aus Spanien)

Die Norm unterscheidet dabei vier verschiedene Farbplaketten:

  • Schwarz (negro, de bellota 100% ibérico): Bezeichnet einen Bellotaschinken (sowohl Vorder- als auch Hinterschinken), der zu 100% von iberischen Schweinen abstammt.
  • Rot (rojo, de bellota ibérico): Bezeichnet einen Bellotaschinken, dessen Genetik zu mindestens 50% aus der Ibérico-Rasse besteht.
  • Grün (verde, de cebo de campo ibérico): Bezeichnet einen Ibérico-Schinken von Schweinen, die sowohl freilaufend in der Dehesa als auch über die Stallmästung herangezogen wurden.
  • Weiß (blanco, de cebo ibérico): Bezeichnet einen Ibérico-Schinken von Schweinen, die über eine Getreidemästung in Ställen herangezogen wurden.

Soviel zu den technischen Regelungen der neuen Verordnung… Abschließend wollen wir von Jamon.de Feine Kost aus Spanien die neuen Regeln noch bewerten: Was bringt das Ganze also? Auch wenn, wie bei allen Neuerungen, zunächst ein Aufschrei durch ganz Spanien ging, dass die Regeln nur zusätzliche Bürokratie schaffen würden, finden wir, dass die neuen Regeln eindeutig zu begrüßen sind! Nicht nur, dass beim Kauf von Ibérico-Schinken nunmehr deutlich mehr Rechtssicherheit besteht. Nein, die Verbraucher profitieren vor allem von der neuen, bewusst einfach gehaltenen Farb-Klassifizierung der Ibérico-Schinken. So ist auf den ersten Blick erkennbar, dass der gekaufte (und auch bezahlte) Schinken auch dem Standard entspricht, der geliefert wird. Was sich allerdings auch in Zukunft nicht ändert, ist die Qual der Wahl für den Verbraucher, welcher Ibérico-Schinken welcher Klassifizierung denn nun der persönliche Favorit ist. Wir bei Jamon.de lösen diese Frage für unsere Kunden dahingehend, dass wir immer versuchen die gesamte Vielfalt der Ibéricos abzubilden und Alternativen aus allen möglichen Klassifizierungen anzubieten. Unter unserem Angebot an Ibérico-Schinken bei Jamon.de kaufen finden Sie daher preisgünstige Einstiegsvarianten (Ibérico-Schinken in Scheiben 80g) bis hin zu einem ganzen Bellotaschinken 100% Ibérico, für den Liebhaber auf der ganzen Welt bereit sind mehrere Hundert Euro auszugeben…

Wir hoffen sehr, dass wir Ihnen die neuen Regeln einigermaßen verständlich haben rüberbringen können. In einem unserer nächsten Blogs werden wir zudem häufige Fragen unserer Kunden aus dem Bereich Ibércio-Schinken beantworten. Bis dahin wünschen wir Buen Provecho!

  • Veröffentlicht in: Pata Negra, Spanische Spezialitäten, Spanischer Schinken